Der drastische Verlust der Artenvielfalt ist in zahlreichen wissenschaftlichen Studien eindeutig nachgewiesen. Zuletzt in umfassender Weise vom IPBES Weltbiodiversitätsrat (1 Mio. Arten sind vom Aussterben bedroht), aber auch in Bezug auf Deutschland, z.B. in der PLOS One Studie (75% Rückgang der Biomasse an Fluginsekten), den Roten Listen des Landes Baden Württemberg zum Aussterben zahlreicher Tier- und Pflanzenarten und jüngsten Forschungsergebnissen des Max Planck Instituts, die belegen, dass im Bodenseegebiet seit den 1980er-Jahren 25% der Vögel mangels Lebensräumen und Insekten als Nahrungsquelle verschwunden sind. Die Ursachen für den so schnell und stark zunehmenden Artenschwund sind, wie beim Klimawandel, menschliche Aktivitäten. Sie liegen sowohl bei der Industrie und Landwirtschaft als auch bei jedem einzelnen von uns, im jeweiligen ganz persönlichen Konsumverhalten und Lebensstil. Wir sehen angesichts des Verlustes der Biodiversität, auch bei uns in Baden Württemberg, die dringende Notwendigkeit umzudenken und zu handeln.
Auch die Textilbranche ist durch die Verwendung von Chemikalien Mitverursacher des globalen Artensterbens. Wir setzen uns daher in unserer Branche seit Jahren beispielsweise über das Textilbündnis und mit dem Siegel Grüner Knopf für gesetzliche Regelungen zum Schutz der Umwelt in der Lieferkette ein. Wir haben die positive Erfahrung gemacht, dass Initiativen, wie z. B. die DETOX-Kampagne von Greenpeace dazu beitragen, dass durch einen gemeinsamen Kraftakt aller Beteiligten schneller funktionierende Lösungen ohne schädliche Chemikalien entwickelt und positive Veränderungen herbeigeführt werden. Veränderungsbewegungen können also helfen, globale Herausforderungen zu lösen. Wir sehen hier Parallelen zur Landwirtschaft.
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Auch wenn wir das Volksbegehren als eine solche Veränderungsbewegung begrüßen, haben wir unser Logo als Unterstützer zurückgezogen. Warum? Das Volksbegehren und die geplanten Gesetzesänderungen richten sich in erster Linie an die Agrarindustrie. Viele Landwirte stehen bereits jetzt in einem harten Preiswettbewerb und sehen sich durch die konkreten Forderungen, vor allem im Hinblick auf den Umgang mit Pestiziden, zusätzlich in ihrer Existenz bedroht. Davon sehen sich auch viele unserer direkten Nachbarn an unserem süddeutschen Firmenstandort und Familien von Mitarbeitenden betroffen. Das nehmen wir ernst. Deshalb haben wir u.a. bereits im Juli Vertreter der Landwirtschaft und des Volksbegehrens zu uns eingeladen und einen offenen Meinungsaustausch geführt. Wir sehen, dass das Volksbegehren große Chancen für den Artenschutz bietet, verstehen aber auch, dass es verständliche Ängste für die Landwirtschaft mit sich bringt. Wir möchten als Unternehmen in unserem Einsatz für mehr Natur- und Artenschutz nicht auf den Gesetzestext zum Volksbegehren reduziert werden und zur Polarisierung beitragen. Ja, es ist wichtig, dass Veränderungen in der Landwirtschaft eingeleitet werden. Diese müssen aber gut durch die Landesregierung begleitet werden. Es muss Sorge dafür getragen werden, dass nicht nur die Artenschutzziele erreicht werden, sondern auch die existentielle Grundlage der Landwirte erhalten bleibt.
Entscheidender Faktor für ein Gelingen sind allerdings wir alle als Konsumenten. In keiner anderen Industrienation wird so wenig Geld für Lebensmittel ausgegeben wie in Deutschland. Die Haltung, Lebensmittel vorrangig über den Preis zu kaufen, lässt sich nur schwer mit einer naturverträglichen Landwirtschaft vereinen. Artenschutz kann daher nur funktionieren, wenn wir unseren Lebensmittelkonsum hinterfragen und vermehrt regional und ökologisch erzeugte Produkte kaufen. Daran sollte jeder denken, der für das Volksbegehren unterschreibt.